Eigentlich sagt es ja schon der Name: Vorgarten. Dennoch haben längst nicht alle Flächen vor dem Haus tatsächlich etwas mit einem Garten zu tun. Leider ...
Gerade in Neubausiedlungen sieht man statt Grün häufig Grau: Vor den Häusern wurde geschottert, gekiest oder direkt komplett versiegelt. Dazwischen steht eventuell eine verwaiste Palme, ein unglückliches Ziergras oder ein standhaftes Immergrün. Das schöne Gefühl von Garten stellt sich beim Anblick der grauen Grundstücke aber schlichtweg nicht ein. Vielmehr wirken die steinigen Gestaltungen trostlos und kalt - auch wenn sie das im Sommer ganz und gar nicht sind. Denn während Pflanzen durch Verdunstung aktiv ihre Umgebung kühlen, heizen sich Kies und Schotter tagsüber auf und strahlen diese Hitze nachts wieder ab. In Zukunft wird es aufgrund des Klimawandels immer häufiger Tropennächte mit über 20 Grad Celsius geben und die Steinflächen vor den Häusern tun leider das Ihre dazu.
Steingarten vs. Schotterwüste
„Leider werden solche Schotterwüsten häufig mit Steingärten verwechselt, dabei haben sie kaum etwas gemeinsam", weiß Achim Kluge vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) e. V. „Steingärten nehmen sich die Natur zum Vorbild und ahmen eine alpine Hochlandschaft nach. Daher werden ausschließlich Pflanzen integriert, die an solch eine steinige, karge Umgebung gewöhnt sind. In der Natur bleibt keine Fläche dauerhaft unbelebt." Schotterwüsten sind dagegen eine Idee des Menschen. Wenn dort einzelne Pflanzen stehen, so sind es in aller Regel für diese Extremstandorte vollkommen ungeeignete und erkennbar leidende Exemplare. Vor allem im Sommer ist ihnen meist zu heiß und zu trocken. Das ist der entscheidende Unterschied: Während die grauen Flächen eher als tot zu bezeichnen sind, wimmelt es in echten Steingärten nur so von Leben. Die Pflanzen locken Vögel und Tiere an, in den Steinzwischenräumen finden Insekten wichtige Rückzugsorte und im Boden geht es mit einer Vielzahl Mikroorganismen hoch her. So viel Leben bedeutet aber natürlich immer auch Veränderung - wie in jedem Garten. Stauden treiben aus, blühen und vertrocknen. Laubbäume bekommen Knospen, tragen Früchte, verfärben sich und werfen ihr Blattwerk eindrucksvoll ab. Für die einen ein herrliches Schauspiel, für die anderen ein Zeichen für Arbeit.
„Kies und Schotter sind pflegeleicht" - Irrtum!
„Pflegeleichtigkeit ist der Hauptbeweggrund für Kies und Schotter - das wissen wir aus einer repräsentativen GfK-Marktstudie, die wir schon 2017 in Auftrag gegeben haben. Rund 80 Prozent aller Befragten erhofften sich durch eine graue Gestaltung weniger Aufwand", weiß Achim Kluge vom BGL, der die Initiative „Rettet den Vorgarten" vor fast fünf Jahren startete. „Ihr Grundgedanke: Steine präsentieren sich immer gleich und verlangen keinerlei Aufmerksamkeit. Das stimmt zwar, wenn man mal von Moos und Flechten absieht, in ihren Zwischenräumen sammeln sich trotzdem Samen, Blätter und Staub an. Daraus bildet sich mit der Zeit eine Humusschicht, die hartnäckigen Unkräutern ideale Bedingungen zum Wachsen bietet. Und schon ist die Pflegeleichtigkeit adé." Natürlich sind auch bepflanzte Vorgärten nicht davor gefeit, dass Wind organisches Material anweht. Sie bieten unerwünschten Wildkräutern aber deutlich weniger freien Boden zum Ansiedeln und kaum Platz zum Ausbreiten. Vor allem, wenn die Fläche mit Bodendeckern, Stauden, Gräsern und Gehölzen dich bewachsen ist. Auch Laub fällt zwischen den Gewächsen kaum auf und kann sogar nützlich sein: Als natürlicher Mulch oder im Winter als Schutz vor Frost. Hinzu kommt, dass bepflanzte Flächen zwar dicht bewachsen, aber dennoch durchlässig sind. Jetzt im Herbst, wo es häufig stark regnet, spielen sie daher auch eine wesentliche Rolle als Versickerungsfläche. Auf diese Weise entlasten grüne Vorgärten die Kanalisation und mindern die Gefahr von Überschwemmungen.
Grün hat die Nase vorn
„Auch der Aspekt der Abwechslung ist nicht zu unterschätzen", hebt Achim Kluge hervor. „Ein lebendiger Vorgarten hat von Frühling bis in den Winter immer wieder Neues zu bieten. Jede Jahreszeit lässt sich eindrucksvoll erleben und das direkt vor dem Haus. Monotonie gibt es nicht, stattdessen kann auch auf kleiner Fläche eine enorme Farben- und Formenpracht entstehen - sogar im Winter. Von Schnee bepudert oder glitzernd vor Frost sind selbst trockene Pflanzen unglaublich dekorativ. Nicht zuletzt bieten die verblühten Stauden und Gräser auch wichtige Winterquartiere für Insekten, die wiederrum für Vögel essenzielle Nahrungsreserven darstellen. Das alles zeigt: Grün hat eindeutig die Nase vorn!"
Weitere Informationen zu den positiven Auswirkungen bepflanzter Vorgärten und eine Vielzahl an professionellen Gestaltungsideen für die Fläche vor dem Haus gibt es auf der Website der BGL-Initiative www.rettet-den-vorgarten.de.
Quelle: BGL
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