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Was sollen die Nachbarn denken? Vorgärten sind immer auch Repräsentationsflächen

Es scheint uns allen unglaublich wichtig, was die anderen von uns denken. Nicht ohne Grund sind die Sozialen Medien so populär. Unsere Profile füllen wir in erster Linie mit persönlichen Erfolgen und schönsten Erlebnissen, wir setzen uns in jedem Foto künstlerisch in Szene und zeigen nur die Schokoladenseiten unseres Lebens. So versuchen wir einen möglichst guten Eindruck zu machen. Das ist natürlich keine neue Entwicklung.

Als Fläche zwischen Privathaus und Straße ist der Vorgarten von Passanten, Fahrradfahrern und Autofahrern frei einsehbar. Das macht ihn zu einem halböffentlichen Raum mit einer deutlichen Außenwirkung (Foto: BGL)
Als Fläche zwischen Privathaus und Straße ist der Vorgarten von Passanten, Fahrradfahrern und Autofahrern frei einsehbar. Das macht ihn zu einem halböffentlichen Raum mit einer deutlichen Außenwirkung (Foto: BGL)

"Was sollen denn die Nachbarn denken?" haben schon unsere Großeltern gefragt und zu untadeligem Benehmen ermahnt. Natürlich ist die Selbstdarstellerei durch die technischen Möglichkeiten um einiges komplexer und umfangreicher geworden, aber auch schon früher wurde versucht, das Umfeld zu beeindrucken - wenn auch mit anderen, subtileren Mitteln. Ein Beispiel ist der Vorgarten. Nicht ohne Grund trägt er den Beinamen „Visitenkarte des Hauses": Mit dem kleinen Stück Land zeigte man, wer man war. „Als Fläche zwischen Privathaus und Straße war und ist der Vorgarten von Passanten, Fahrradfahrern und heute zudem noch von Autofahrern frei einsehbar", erklärt Achim Kluge vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) e.V.. „Das macht diesen Teil des Grundstücks zu einem halböffentlichen Raum mit einer deutlichen Außenwirkung. Er gibt einen ersten Eindruck davon, wer hier wohnt. Man könnte den Vorgarten daher als Repräsentationsfläche bezeichnen, auf der die Menschen schon seit über zwei Jahrhunderten Stil, Persönlichkeit und Wohlstand zeigen - bis heute."

 

Für das Image bepflanzt

Im 18. Jahrhundert waren die Vorgärten der breiten Bevölkerung oftmals Nutzgärten. Dort wurde Gemüse angebaut, geputzt, geschnippelt und nebenbei ein Plausch mit den Nachbarn gehalten. Nur wer es sich leisten konnte, bepflanzte die kleine Fläche mit Ziergewächsen um auf diese Weise den eigenen Reichtum zu zeigen. Auch Weltläufigkeit ließ sich präsentieren, zum Beispiel mit exotischen Pflanzen aus fernen Ländern, die den meisten Menschen nur vom Hörensagen bekannt waren - wenn überhaupt. Ab dem 19. Jahrhundert polierte dann auch die Mittelschicht mit dem Vorgarten ihr Image auf: Akkurat geschnittene Immergrüne, eindrucksvolle Blühpflanzen, Zäune und Ziergitter bestimmten das Straßenbild. Später gesellten sich der beliebte Gartenzwerg, Figuren wie die Venus von Milo oder auch dekorative Elemente wie ein rostiger Pflug dazu. „Diese grüne und individuelle Art der Gestaltung hat sich bis heute durchgesetzt, allerdings ist parallel auch eine weitere Variante immer beliebter geworden und vor allem in Neubaugebieten häufig anzutreffen: Der Schottergarten", führt Kluge vom BGL an. „Hier dominieren Schotter, Steine und Kies. Hin und wieder sorgen Gräser, Immergrüne oder kleinbleibende Bäume für etwas Grün zwischen dem Grau. Doch der Großteil dieser Flächen hat nichts mehr mit einem Garten zu tun und ist wohl kaum als Visitenkarte gemeint."

Ein gepflegtes Bild

Man könnte den Schotter und Splitt vor den Häusern als Trend bezeichnen ... tatsächlich ist diese Art der Gestaltung in erster Linie aber keine Geschmacksfrage. Eine repräsentative GfK-Untersuchung ergab, dass die meisten Besitzer der grauen Flächen Pflanzen durchaus schöner finden. Da sie diese aber für arbeitsintensiv halten, entschieden sie sich für Steine. Die Ordnungsliebe scheint eine typisch deutsche Eigenschaft zu sein. Stefan Zweig postulierte in seinem letzten Buch ‚Die Welt von Gestern‘, dass die Deutschen alles ertragen könnten, aber keine Unordnung. Das zeigt sich auch im Vorgarten - auch hier steht ein gepflegtes, ordentliches Aussehen an erster Stelle. „Allerdings ist es ein Irrtum, dass die Schotterflächen wenig Arbeit machen und rund ums Jahr ansprechend aussehen", betont Achim Kluge. „Gerade im Winter wird deutlich, dass die Natur auch vor steinigen Flächen nicht Halt macht: Der Wind weht auch dorthin Blätter, Samen und allerlei Unrat. Das sieht zum einen unschön aus, zum anderen bildet sich so ein Nährboden für unerwünschtes Unkraut, das in den kommenden Monaten zum Ärgernis wird. Wer sich vor dem Haus gut darstellen möchte, sollte daher eher auf eine durchdachte Bepflanzung setzen. Mit Bodendeckern, Stauden, Immergrünen und Zwiebelgewächsen kann man einen Vorgarten gestalten, der nur wenig Arbeit fordert und dennoch auf lange Sicht attraktiv und absolut repräsentativ ist." Weitere Informationen zum Thema gibt es auf www.rettet-den-vorgarten.de.

Quelle: BGL

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